Via-Alpina Woche 7

Via-Alpina Woche 7

Mittwoch, Juli 9, 2025

Vom Tiroler Hochplateau bis in den Bregenzerwald

📏167km, ↗ 6’920m, ↘6’220m

Tiroler Zugspitze Arena

Es ist kurz nach sieben Uhr am Montagmorgen und ich bin soeben wach geworden. Vorsichtig sitze ich auf, stelle meine Füsse auf den Boden, stehe auf und mache die ersten Schritte. Langsam bewege und drehe ich meine Füsse in verschiedene Richtungen, um zu spüren, wie es meiner Muskulatur ergeht. Der Ruhetag hat sich ausgezahlt! Ich spüre zwar noch ein ganz feines Ziehen, doch wird dies wohl durch das Warmlaufen ganz verschwinden. Dass später die Schmerzen wiederkommen und dass ich diese Woche meinen ersten Tiefpunkt haben werde, weiss ich zum jetzigen Zeitpunkt glücklicherweise noch nicht.

Heute starte ich spät, erst knapp nach neun Uhr laufe ich los. Der Weg führt mich heute durchs Gaistal auf die Ebene unterhalb der Zugspitze. Es geht vorbei an Flüssen, Almen und durch mehrere Viehweiden, hauptsächlich auf unspektakulären Forststrassen.

Obwohl ich spät gestartet bin, habe ich keine Eile. Denn für meine Strecke habe ich heute genügend Zeit. Regen ist erst gegen fünf Uhr abends angekündigt und so bin ich gemütlich unterwegs.

Am Fusse der Zugspitze führt der Weg seitlich in ein Tal hinein durch ein Moor in das nächste Dorf. Am Ziel, einem kleinen Campingplatz, muss ich mein Zelt zügig aufbauen. Denn am Himmel haben sich dunkle Wolken gebildet und der Wetterbericht zeigt Gewitter an.

Gerade noch rechtzeitig schlage ich den letzten Hering ein und dann fallen auch schon die ersten Tropfen vom Himmel. Schnell bringe ich den Rest meiner Ausrüstung, der noch draussen liegt, im Zelt in Sicherheit, nehme das Handy-Ladegerät und laufe zügig zur überdachten Terasse der Rezeption hoch. Dort lade ich mein Handy und lausche aufmerksam dem Regen.

Später lerne ich Alex, meinen Zeltnachbarn kennen, der mit seinem Rad unterwegs ist. Wir unterhalten uns über die üblichen Schwierigkeiten unter Fernreisenden und vor allem über das Essen unterwegs. Nach einem angenehmen Gespräch ziehen wir uns beide zurück ins Zelt und gehen schlafen. Doch so richtig zur Ruhe finde ich nicht. Denn das Gewitter mit Donner, Blitz und Wind hält mich lange wach.

Am nächsten Morgen geht's nach meinem Frühstück los. Heute erwarten mich gemütliche neun Kilometer und achthundert Höhenmeter. So lasse ich mir wieder Zeit und spaziere über schattige Wege den Berg hoch und erhasche zwischendurch sogar einen wunderbaren Blick auf die Zugspitze.

Kurz nach Mittag bin ich dann auch schon in der Hütte und gönne mir eine Knödelsuppe. Das Ziehen oberhalb meines Fusses ist übrigens ein bisschen besser geworden, doch ganz weg leider noch nicht.

Am Nachmittag geniesse ich die Aussicht und schreibe an meinem Blog. Die Hüttenwirte erzählen mir, dass wir heute nur zu dritt seien und er mir deshalb sogar ein Upgrade auf ein Vierer-Zimmer geben kann, denn gebucht hätte ich das Lager. Ich freue mich besonders, denn mein Zimmer ist das Einzige mit direkter Sicht auf die Zugspitze.

Am nächsten Morgen habe ich mir zehn Minuten vor Sonnenaufgang den Wecker gestellt. Gespannt warte ich mit offenem Fenster, bis die Sonne hinter den Bergen hervor blinzelt. Kurz nach zwanzig ab fünf treffen die ersten Strahlen bis zur Hütte und füllen das ganze Zimmer mit wunderbarem Licht.

Nach dem Frühstück starte ich im Kurzarmshirt und steige über den Sattel hinter der Hütte in ein Seitental. Nach einer knappen Stunde, wechsle ich dann wieder auf mein Langarmshirt, denn meine Sonnencreme ist weggeschwitzt und die morgendliche Bewölkung hat sich auch aufgelöst.

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Lechtal

Der Wanderweg führt mich über Viehweiden mit Kühen und Pferden. Einige sind scheu und verziehen sich sofort, als sie mich bemerken, wobei andere interessiert auf mich zukommen und hallo sagen möchten. Ich schenke Ihnen jeweils kurz meine Aufmerksamkeit sowie einige Streicheleinheiten und ziehe dann bergauf weiter, um oben dann ins Tal zum nächsten Dorf abzusteigen.

Mein heutiger Zeltplatz habe ich mir gestern Abend auf der Karte anhand des Geländes bestimmt. Doch definitiv muss ich ihn dann vor Ort begutachten.

Seit gestern Vormittag kommen immer wieder die Gedanken des Sinnes dieser Via-Alpina in mir auf. Auch jetzt, bergab ins nächste Dorf, kreisen die Gedanken wieder um die Sinnhaftigkeit meines Trails. Ich frage mich: “Was zur Hölle mache ich hier eigentlich? Warum will ich zweitausendfünfhundert Kilometer über die Alpen wandern? Wie und warum bin ich auf eine solche dumme Idee gekommen?” Fragen über Fragen, auf die ich leider keine Antwort finde und das Gefühl einer Sinnlosigkeit in mir aufkommen lässt.

Zu allem kommt noch hinzu, dass ich Doris vermisse, Hunger sowie nun Schmerzen an beiden Füssen habe und für heute Abend Gewitter beim Wildzelten angemeldet sind. Kurz bevor ich im Dorf eintreffe, kommt das Fass dann wortwörtlich zum Überlaufen. Der Himmel öffnet seine Schleusen und innerhalb von dreissig Sekunden regnet es Bindfäden. Ich habe keine Chance meine Regenklamotten anzuziehen, um mich einigermassen trocken aus der Situation zu retten. Ich flüchte unter eine Tanne und ziehe schnell alle meine Regensachen an.

Während es regnet und ich zuerst nicht weiss wie weiter, fühle ich das erste Mal eine leichte Hilflosigkeit in mir. Ich hinterfrage mein komplettes Vorhaben und denke ans Abbrechen sowie alles hinzuschmeissen. Nach zwanzig Minuten ist der Starkregen, so schnell wie er gekommen ist, auch wieder vorbei. Ich wage die ersten Schritte unter der Tanne hervor. Mühsam schleppe ich mich ins Dorf zum nächsten Supermarkt und ziehe meine Regenklamotten aus, um einzukaufen. Wirklich motiviert bin ich nicht und so schreibe ich Doris eine Nachricht von meinem Tiefpunkt. Nach dem Einkauf habe ich einen ungelesene Nachricht von ihr. Sie gibt mir den Impuls, dass es vielleicht jetzt Zeit wäre, ein Hotelzimmer zu nehmen. Ich erinnere mich, dass ich ihr von meiner Strategie in so einer Situation erzählt habe und bin froh, dass sie mich darauf aufmerksam macht.

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Für den Fall, dass die Situation eintreffen sollte, in der ich alles hinterfrage und aus einem Impuls heraus abbrechen möchte, habe ich mir einen Plan zurechtgelegt.

"Gib niemals nur aufgrund eines Impulses oder einer Situation dein ganzes Vorhaben auf”. (never quit on an impulse)

In solch einer Situation ist mein Plan, mir Gutes zu tun. Ein Hotelzimmer buchen, ein Nachtessen in einem Restaurant, Duschen und in einem normalen Bett schlafen. In der Hoffnung, dass am nächsten Tag alles wieder anders aussieht. Falls dann das Gefühl immer noch vorhanden sein sollte, könnte ich dann immer noch alles abbrechen.
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So schmeisse ich meine Pläne vom Wildzelten über den Haufen und suche ein Hotelzimmer im Dorf. Zum Glück finde ich sogar noch ein Freies, inklusive Nachtessen im Hotel, für knappe hundert Euro.

Ich geniesse die Zeit beim Nachtessen und im gemütlichen, wohligen Zimmer. Später klart draussen der Himmel auf und ich darf von meinem Balkon aus einen wunderbaren Regenbogen beobachten.

Kurz bevor ich ins Bett gehe, repariere ich noch meine Regenjacke. Denn heute liefen mir einzelne Wassertropfen an meinen Nacken hinunter. Die abgeklebte Naht der Innenseite meiner Kapuze hat sich nach über fünf Jahren gelöst und muss nun wieder in Stand gestellt werden.

Der nächste Morgen startet früh. Mein Wecker klingelt um fünf, denn ich will um sechs Uhr los. Kurz darauf prüfe ich meine emotionale Einstellung zur gestrigen Situation und merke, dass (fast) alles wie verflogen ist. Geblieben ist, dass ich Doris weiterhin vermisse.

Ich lege meinen Zimmer-Schlüssel, die Nummer vierundreissig, auf die Theke bei der Rezeption und verlasse kurz nach sechs Uhr in der Früh das Hotel. Die ersten anderthalb Stunden verläuft mein Weg eben entlang der Lech.

Anschliessend steigt der Weg leicht an und ich zweige ins Schwarzwassertal ab. Um neun Uhr knurrt bereits mein Magen. Ich habe zwar ein grosses Müsli aus meinem Vorrat zum Frühstück verzehrt, doch allem Anschein nach war es zu wenig. So lege ich eine Pause ein und koche mir ein ordentliches Tomatenrisotto auf einer Ruhebank. Gut gesättigt, geht's dreissig Minuten später weiter nach hinten in den Talkessel.

Beim Talende führen mich die Beschilderungen immer weiter hinauf in Richtung Balkenscharte. Unterwegs verdunkelt sich langsam der Himmel und es fängt an, leicht zu nieseln.

Hundert Höhenmeter unterhalb der Balkenscharte, hört der Nieselregen auf und so gönne ich mir spontan eine Pause und esse ein gekochtes Ei, bevor ich die Grenze zu Deutschland in die Allgäuer Hochalpen überquere.

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Allgäu

Oben auf der Scharte treffe ich auf eine Wandergruppe, die gerade eben in Richtung der nächsten Hütte abzusteigen beginnt. Ich warte zehn Minuten und steige dann auch ab, doch nach weiteren zehn Minuten habe ich sie schon wieder eingeholt und so unterhalte ich mich beim Absteigen mit dem Bergführer, während die Gruppe hinterher absteigt.

Als ich in der Hütte eintreffe, ist ordentlich was los. Beim Check-in erfahre ich das Übliche, was auf den Hütten so gilt. So beispielsweise die Uhrzeit für's Nachtessen und Frühstück, dass am Abend alles bezahlt werden soll und ein brisantes Thema: Bettwanzen. Diese Hütte hatte bereits in dieser Saison einen Befall. Aktuell sei alles wieder sauber, erzählt mir der Hüttenwirt beim Check-in. So stecke ich, wie bereits schon auf einer anderen Hütte, meinen Seiden-Hüttenschlafsack für dreissig Sekunden in die Mikro und beziehe mein Bett im Sechzehner-Schlag.

Am späteren Abend schreibe ich an meinem Blog und komme nach dem Nachtessen mit Andre und einer jungen Frau im Zimmer ins Gespräch. Begeistert hören wir drei einander zu und tauschen uns über Routen, Trails, Gepäck und weiteres aus. Gegen halb zehn abends legen wir uns hin und ich kann zufrieden einschlafen.

Die Nacht war ruhig, trotz elf Personen im Zimmer. Meine Oropax hatte ich bereit gelegt, falls ein Schnarchkonzert losgeht, doch alles blieb still. Beim Frühstück unterhalte ich mich wieder mit Andre. Er erzählt mir authentisch von seinen Touren in Skandinavien, bei denen er bis zu zwei Wochen autark unterwegs war. Mich faszinieren seine Geschichten und ich sehe an seinen leuchtenden Augen, wie es ihm Freude bereitet, mir davon zu erzählen.

Heute ist schon wieder Freitag und ich bin erstaunt, wie schnell die Zeit doch vergeht. Nach dem Frühstück geht's los entlang den Hängen über einen Sattel ins Nachbartal und dann runter ins Städtchen Oberstdorf.

Der Nebel klebt im Tal an den Hängen. Ich beobachte den sich langsam bewegenden Nebel und steige auf zum Sattel. Keine drei Minuten später werde ich vom Nebel überrascht und bin von ihm komplett umhüllt. “Das ging jetzt erschreckend schnell”, sage ich zu anderen Wandernden, die ebenso erstaunt über die Situation sind.

Nach dem Sattel geht's mit rund achtzehn Kilometer hinunter ins Tal. Zuerst steil auf eine Alm hinab und dann immer flacher Richtung Oberstdorf. 

Unten im Städtchen laufe ich als erstes zur Post, denn dort möchte ich eine Holznummer an die Hütte von vor zwei Tagen versenden. Die habe ich beim Check-out nämlich vergessen abzugeben. Als nächstes geht’s einkaufen und später zum Campingplatz, um mir dort wieder einmal eine Dusche zu gönnen. Der Abend vergeht wie im Flug und ich gehe um neun schlafen.

Am nächsten Morgen ist mein Zelt komplett feucht. Es hat stark abgekühlt und das Kondenswasser hat es innen und aussen in Beschlag genommen. So packe ich das Zelt nass ein, frühstücke mein Müsli und starte kurz nach sieben Uhr. Der Weg führt mich heute wieder zurück auf die Allgäuer Hochalpen, doch zuerst geht's entlang des “Stillbach” ins Tal hinein.

Ich komme gut voran, liegt wohl auch daran, dass es wieder kühler ist. Ich überquere mehrmals denselben Bach, komme an einer Skisprungschanze vorbei und steige dann schlussendlich hinten im Tal an, um Höhe zu gewinnen.

Unterwegs gönne ich mir eine Pause und esse mein erstes “Rüebli” seit dem Start meiner Via-Alpina. Denn einkaufen konnte ich es im Einzelverkauf erst hier in Deutschland, vorher gab es diese jeweils nur im Kilopack und wie ihr wisst ist das gewichtstechnisch und energietechnisch nicht optimal 😉 So lasse ich es mir schmecken und ziehe weiter.

Durch die Bewölkung ist es kühl und ich komme heute wieder ausserordentlich gut voran. Unterwegs entscheide ich spontan, dass ich bei der nächsten Hütte einen Rast einlege, etwas esse und nachfragen werde, ob es noch einen freien Platz auf der Hütte gibt. Denn offiziell ist diese ausgebucht.

Oben bei der Hütte angekommen, bestelle ich mir eine Knödelsuppe und frage nach einem freien Platz für eine Übernachtung. Die Chefin nimmt sich Zeit für mich und teilt mir mit, dass sie noch freie Plätze haben, doch ich müsse eine kleine Leiter hinaufsteigen, falls dies für mich kein Problem darstellt, könne ich bleiben. “Natürlich nicht”, gebe ich ihr als Antwort und so bleibe ich heute Nacht hier oben und geniesse den Nachmittag. Später hänge ich noch mein Zelt zum Trocknen auf und richte meinen Schlafplatz ein.

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Spontan unterwegs zu sein und nach Lust und Laune zu entscheiden, ist mir wichtig auf meiner Tour. So auch die Wahl der Übernachtungen. Falls die Hütten bei der Reservierung voll sein sollten, frage ich vor Ort einfach nach, denn es gibt meist Reserven. Falls dann eine Hütte wirklich voll sein sollte und keine Gewitter oder ähnliches angekündigt sind, habe ich ja noch ein Zelt dabei und kann draussen übernachten.
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Am Abend sitze ich beim Nachtessen bei einer Gruppe Männer, circa Mitte vierzig. Wir unterhalten uns über das Übliche, bis einer mit Wörtern aus dem “Hiker-Slang” um sich schlägt. Ich merke sofort, dass er auch bereits eine Weitwanderung durchgeführt haben muss. Das Gespräch wird “nerdig” und wir unterhalten uns über base-weight,  nero- und zero-days, trail-angels und viele andere Themen. Ich erfahre auch, dass er soeben den AT beendet hat und schon auf dem PCT und in Neuseeland unterwegs war. Das sind alles Weitwanderwege mit teils über viertausend Kilometern. Nach einem langen und spannenden Austausch mit etlichen lustigen Geschichten ziehe ich mich zurück und gehe zufrieden ins Bett.

Nach dem Frühstück ziehe ich erst um halb neun Uhr los. Heute sowie die nächsten Tage wechselt das Wetter und es sind teils heftige Niederschläge mit Gewittern vorausgesagt. Doch die ersten Gewitter kommen heute erst am frühen Nachmittag, so bleibt mir genügend Zeit, um abzusteigen.

Die Wolkendecke hängt tief und es sind erste Anzeichen von Regen zu erkennen. Nach einer Stunde unterwegs, fallen dann auch bereits die ersten Regentropfen. Kurz darauf wird's immer heftiger und dann blitzt und donnert es blöderweise auch noch. Verunsichert stehe ich da, denn ich bin in einer Situation, die ich eigentlich vermeiden wollte. Bei aufziehendem Gewitter oben auf dem Berg!

Ich denke über meine Möglichkeiten nach. Denn der Abstand zwischen Blitz und Donner wird immer kürzer. Das Gewitter rollt also voll auf mich zu und ich stehe ausgesetzt auf dem Berg. “Was machen denn diese scheiss Gewitter jetzt schon hier, die waren doch erst am frühen Nachmittag angesagt”, sage ich trotzig zu mir. Doch das ändert ja sowieso nichts und so stehe ich immer noch ratlos da.

Es schüttet aus Eimern und ich entscheide mich, zügig weiterzugehen. Die Gewitterzelle hat mittlerweile abgedreht und rollt rechts von mir vorbei, doch sie ist mir immer noch zu nahe und so versuche ich mich in “Sicherheit” zu bringen so gut es geht. Ich lege meine Stöcke weit weg und gehe in die Hocke, stelle meine Füsse nahe zueinander und warte ab. Der Wind peitscht mir grosse Regentropfen ins Gesicht und es vergehen bange Minuten. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist die Zelle endlich vorbeigezogen und ich getraue mich wieder langsam aufzustehen.

Nach diesem Erlebnis geht's hinüber nach Vorarlberg in Österreich zum Bregenzerwald. Der Weg bergab ist schlammig und rutschig, doch zum Glück gelingt mir dies mit meinen Stöcken gut auszugleichen und ich kann ohne Stürze oder Ausrutscher zum Hochtannbergpass absteigen.

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Bregenzerwald

Unten auf dem Pass lege ich eine Pause ein, snacke und kann gespannt dem Tannberger-Radrennen zusehen. Nach der Stärkung geht's weiter bergab nach Schröcken, von wo ich dann entscheide, wo ich heute übernachten werde. Geplant ist wieder Wildzelten.

Auf dem Weg bergab habe ich unerwartet neun Begleiter, die mir ganze zehn Minuten auf Schritt und Tritt folgen. Ich bin umzingelt von Ziegen und fühle mich wie ihr Hirte. Bleibe ich stehen, bleiben sie auch stehen, gehe ich weiter, tun sie dasselbe. Ich mache mir ein kleines Spiel daraus und habe dabei meinen Spass. Ob sie dasselbe empfunden haben, konnte ich bis zuletzt leider nicht herausfinden. 🙃

Am frühen Nachmittag checke ich unten im Dorf nochmals kurz das Wetter. Es sind starke Regenfälle und Wind in der Nacht vorhergesagt, obwohl es aktuell überhaupt nicht den Anschein danach macht. So fällt es mir leicht, mich für die nächstgelegene Hütte statt fürs Wildzelten auf dem Berg zu entscheiden. Nach einem kurzen Telefonat bei der Hütte, esse ich wieder ein gekochtes Ei und steige rund achthundert Höhenmeter zur Hütte auf.

Kurz vor der Hütte entdecke ich eine Pflanze, die ich so noch nie gesehen habe. Es handelt sich um Wollgras, wie ich später erfahre. Das ganze Moor ist damit bedeckt und bietet einen einzigartigen Anblick.

In der Hütte angekommen, checke ich ein, beziehe mein Bett im Lager und setze mich in der Hüttenstube an den mir zugewiesenen Tisch. Hier, auf dieser Hütte, gibt es auf meiner Via-Alpina das erste Mal zugewiesene Tische, so wie ich es normalerweise von den Hütten aus der Schweiz kenne. Ich finde das toll, denn so gibt es von niemandem Hemmungen sich an einen Tisch zu setzen und es entstehen wunderbare Gespräche oder man spielt miteinander Karten.

Wir sind zu zehnt am Tisch, ich “der Schweizer”, wie ich immer auf allen Hütten genannt werde, und neun Deutsche. Eine dreier Gruppe von Frauen anfangs sechzig, eine fünfer Gruppe von Männer anfangs sechzig und eine junge Frau Ende zwanzig. Wir alle kommen sofort miteinander ins Gespräch und tauschen uns über das Übliche aus. Es wird gelauscht, erzählt, gewitzelt und gelacht. Ein wunderbarer Abend trotz fast voller Hütte. Ich gehe zufrieden ins Bett, stecke meine Oropax in die Ohren und schlafe schnell ein.

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Nachklang

Das Thema mit den Bettwanzen ist seit längerem leider auch ein Thema auf den Hütten. Es hat mich zuerst schon etwas verunsichert, als auf der Hütte darauf hingewiesen wurde, doch zeigt es auch Transparenz und klärt auf. Ein einziger Trost bleibt bei Befall dennoch: Es werden mit ihnen keine Krankheiten übertragen.

Im Rückblick auf diese Woche liegt mein Tiefpunkt schon wieder weit entfernt und gleichzeitig habe ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ich überhaupt an diesem Punkt je ankommen werde. Dennoch schätzte ich es, dass Doris mich mit ihrem Impuls an meinen Plan erinnerte.

Ich schreibe zwar selbstständig die Blogbeiträge mit meinen eigenen Worten und Bildern, doch online stellen am Handy ist zu umständlich. Aus diesem Grund stelle ich Doris die Beiträge zu. Sie ist sozusagen mein “Trail-Angel” und stellt diese dann jeweils online. Da sie mich nächste Woche wieder besuchen wird und wir gemeinsam auf dem Trail unterwegs sein werden, wird der nächste Blogbeitrag, also der der Woche 8, erst in der Woche vom 21. Juli folgen.

In der kommenden Woche bin ich im Bregenzerwald hinunter nach Feldkirch und dann weiter nach Liechtenstein an die Schweizer Grenze unterwegs. In der darauf folgenden Woche werden Doris und ich einen Teil des Liechtensteiner Höhenweges wandern sowie im Prättigau und wieder in Österreich unterwegs sein.

Bis dahin, liebe und verregnete Grüsse aus Feldkirch ✌🏼

Sascha

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